Immer wieder hört man, dass berühmte Persönlichkeiten wie Napoleon Bonaparte, Leonardo da Vinci oder Winston Churchill teilweise fast komplett auf Schlaf verzichtet haben sollen. Nichtsdestotrotz war jeder von ihnen in seinem jeweiligen Wirkungskreis aber äußerst produktiv. Vielen mag das merkwürdig vorkommen – Anhänger des polyphasischen Schlafens hingegen sehen gerade im untypischen Schlafverhalten den Grund gesteigerter Produktivität. Glaubt man den Befürwortern des mehrphasigen Schlafens, ist mehr Zeit für Produktivität nur einer der positiven Nebeneffekte des ungewöhnlichen Schlafkonzepts. Was polyphasischer Schlaf genau ist und welche Vorteile das Intervallschlafen hat, zeigen wir hier.
Polyphasischer Schlaf – das Wichtigste in aller Kürze
- Beim polyphasischen Schlafen wird die „Hauptschlafzeit“ verkürzt und etwa durch Powernaps ergänzt
- Polyphasisches Schlafen kommt auf natürliche Weise bei Neugeborenen vor
- Durch die Aufteilung des Schlafs auf mehrere Einheiten soll sich die Gesamtschlafzeit verkürzen lassen
- Trotz kürzerer Gesamtschlafdauer soll polyphasisches Schlafen für mehr Produktivität sorgen
Inhalt des Artikels
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Was bedeutet polyphasischer Schlaf genau?
Polyphasischer Schlaf wird oft auch als mehrphasiger Schlaf bezeichnet. Die besonderen Schlafmuster zeichnen sich dadurch aus, dass der insgesamt bestehende Schlafbedarf auf zumindest drei „Schlafeinheiten“ täglich verteilt wird. Von Natur aus, lässt sich dieses Konzept des „Intervall-Schlafens“ bei Neugeborenen beobachten.
Anders als bei Erwachsenen verteilt sich der Schlaf bei Neugeborenen nämlich natürlicherweise auf mehrere, eher kurze Schlafintervalle. Zählt man die kurzen Schlafeinheiten zusammen, decken sie dennoch den kompletten Schlafbedarf des Neugeborenen ab.
Von den polyphasischen Schlafmustern lassen sich andere gängige Schlafkonzepte deutlich unterscheiden: Beim monophasischen Schlaf, dem von Erwachsenen am häufigsten praktizierten Schlafmuster, wird der gesamte Schlafbedarf allein von einem einmal pro Tag stattfindenden Kernschlaf abgedeckt. Beim biphasischen Schlafen hingegen wird der insgesamt benötigte Schlaf auf den Nacht- sowie einen Mittagsschlaf verteilt.
Warum auch viele Erwachsene polyphasisch schlafen
Aber nicht nur Neugeborene praktizieren das Intervallschlafen, auch viele Erwachsene versuchen sich daran, ihren Schlafrhythmus „künstlich“ auf mehrere kurze Schlafphasen umzustellen. Das Erlernen des polyphasischen Schlafens soll dabei zum einen dazu dienen, mit weniger langen Schlafenszeiten auszukommen und so produktiver zu werden. Das kann etwa bei außergewöhnlichen Arbeitszeiten, wie den von Ärzten oder Soldaten hilfreich sein.
Zum anderen lassen sich aber auch polyphasischer Schlaf und Sport miteinander kombinieren. So wird das Konzept des mehrphasigen Schlafens beispielsweise von professionellen Teilnehmern mehrtägiger Radrennen regelmäßig praktiziert. Die Verteilung der einzelnen Schlafphasen über den Tag hinweg soll in diesem Zusammenhang dabei helfen, die körperliche Leistungsfähigkeit trotz starker Belastung konstant zu erhalten.
Allerdings wird nicht nur angenommen, dass mehrphasiges Schlafen dabei hilft, die Schlafdauer insgesamt zu reduzieren, gleichzeitig aber produktiv zu bleiben. Vielmehr gehen einige Befürworter des polyphasischen Schlafens sogar davon aus, dass dieses Schlafmodell eher der menschlichen Natur entspricht. Diese Annahme wird von einigen Studien bezüglich polyphasischer Schlaf-Modelle gestützt. Die bekannteste Studie von Campbell und Zulley zu diesem Thema stammt aus dem Jahr 1988.
Polyphasischen Schlaf erlernen – so kann es klappen
Um einfach produktiver zu sein und Zeit zu sparen, spielen einige Menschen mit dem Gedanken, ihren gewohnten Acht-Stunden-Nachtschlaf gegen mehrere kürzere Schlafphasen einzutauschen. Das bedeutet: Der gewohnte Nachtschlaf, bei dem fünf verschiedene Schlafphasen nacheinander mehrfach durchlaufen werden, soll auf mehrere, kürzere Schlafintervalle aufgeteilt werden.
Und tatsächlich: Auch im Erwachsenenalter ist es möglich, mehrphasiges Schlafen zu erlernen. Der Umstieg ist keine Kunst – erfordert aber Durchhaltevermögen und das strikte Einhalten der vorher festgelegten Schlafphasen. Außerdem ist selbstverständlich eine gewisse Eingewöhnungsphase sowie die Entscheidung für ein bestimmtes polyphasisches Schlafmuster notwendig.
Die verschiedenen polyphasischen Schlafmuster
Die wohl gängigste Art des Schlafens ist der monophasische Schlaf. Das bedeutet, dass der Tag in eine Wach- und eine Schlafphase unterteilt wird. Die Wachphase ist dabei meist 16 Stunden lang. Die Schlafphase hingegen umfasst 8 Stunden. Prinzipiell befindet sich jeder, der mit seinem Schlafverhalten vom klassischen monophasischen Acht-Stunden-Nachtschlaf-Muster abweicht und eine Kernschlafphase durch einen Powernap ergänzt, bereits in einem polyphasischen Schlafmuster.
Damit die Schlafumstellung aber auch zu mehr Energie verhilft und es möglich macht, insgesamt weniger zu schlafen, ist planvolles Vorgehen gefragt. Es gibt jedoch verschiedene Mehrphasen-Schlafmuster, die es erlauben, das persönlich passende Modell auszuwählen:
Biphasische Schlafmuster
Bei biphasischen Schlafmustern verkürzt sich der nächtliche Kernschlaf und man ergänzt ihn durch einen Mittagsschlaf bzw. Powernap. Zu den verbreitetsten Varianten dieses Schlafmusters zählen folgende:
- Der 6-stündige Kernschlaf mit 20-minütigem Powernap und
- Der 4,5-stündige Kernschlaf mit 90-minütigem Mittagsschlaf
Triphasische Schlafmuster
Triphasische Schlafmodell sind insbesondere unter Leistungssportlern oder auch Soldaten verbreitet. Zu einer festen Kernschlafzeit treten hier zwei weitere, 1,5-stündige Schlafphasen hinzu. Die Kernschlafdauer kann so auf nur 4,5 Stunden verkürzt werden.
Everyman-Schlafmuster
Das sogenannte Everyman-Schlafmodell soll – glaubt man seinem Namen – für jedermann anwendbar sein. Es soll sich besonders leicht in jeden Alltag integrieren lassen. Das Schlafmodell besteht ebenfalls aus einer verkürzten Kernschlafzeit und mehreren Powernaps. Dabei kann man zwischen mehreren Varianten wählen:
- 4,5-stündiger Kernschlaf und zwei 20-minütige Powernaps
- 3-stündiger Kernschlaf und drei 20-minütige Powernaps
- 1,5-stündiger Kernschlaf und vier bis fünf 20-minütige Powernaps
Je kürzer der Kernschlaf, desto mehr Powernaps müssen in den Alltag eingebaut und diszipliniert eingehalten werden. Der Gesamtschlaf lässt sich damit je nach Modell auf drei Stunden reduzieren.
Dymaxion-Schlafmuster
Bei diesem Schlafmuster handelt es sich um eine extreme Variante der gängigen polyphasischen Schlafmuster. Schließlich verteilen sich hierbei nur insgesamt zwei Stunden Schlaf auf vier 30-minütige Powernaps.
Kreiert wurde das Schlafmuster durch den Architekten Buckminster Fuller, der angibt, es für insgesamt zwei Jahre durchgehend praktiziert zu haben.
Uberman-Schlafmuster
Das übermenschliche oder Uberman-Schlafmuster ist ebenfalls ein extremes Schlafmodell und basiert auf insgesamt nur zwei Stunden Schlaf pro Tag. Diese kurze Schlafenszeit teilt sich auf sechs Powernaps à 20 Minuten auf.
Die Schlafmuster im Überblick
Schlafmuster | Monophasisch | Biphasisch | Triphasische Schlafmuster | Everyman-Schlafmuster | Dymaxion-Schlafmuster | Uberman-Schlafmuster |
---|---|---|---|---|---|---|
Schlafenszeit insgesamt | 8 Stunden | 6 bis 6,5 Stunden | 7,5 Stunden | Zwischen 3 und ca. 5 Stunden | etwa 2 Stunden | etwa 2 Stunden |
So geht’s | 8 Stunden Nachtschlaf am Stück | 6 Stunden Kernschlaf plus 20 Minuten Powernap Oder 4,5 Stunden Kernschlaf plus 90 Minuten Mittagsschlaf | 4,5 Stunden Kernschalf plus 2 x 1,5 Stunden Schlaf | 4,5 Stunden Kernschlaf plus 2 x 20 Minuten Powernap oder 3 Stunden Kernschlaf plus 3 x 20 Minuten Powernap oder 1,5 Stunden Kernschlaf plus 4 bis 5 x 20 Minuten Powernap | 4 x 30 Minuten Powernap | 6 x 20 Minuten Powernap |
Feste Schlafenszeiten für Intervallschläfer
Polyphasischer Schlaf ist zwar erlern- und realisierbar – mit den meisten Berufsbildern bzw. dem Alltag der meisten Menschen jedoch nur schwer zu vereinbaren. Für Leistungssportler in einer herausfordernden Trainings- oder Wettkampfphase oder Studenten während der Examensphase kann das Schlafkonzept jedoch umsetzbar sein – und außerdem auch die körperliche und kognitive Leistungsfähigkeit steigern.
Um sich die Vorteile des polyphasischen Schlafens zu sichern, ist allerdings nicht nur die Wahl des passenden Schlafmodelles erforderlich. Auch das Einhalten fester Schlafenszeiten sowie das „Überstehen“ einer etwa dreiwöchigen Eingewöhnungsphase sind unumgänglich.
Während der Eingewöhnungsphase kommt es dabei üblicherweise zu einem deutlich spürbaren Schlafdefizit. Das hängt damit zusammen, dass während der kürzeren Schlafeinheiten weniger der für eine echte Erholung elementaren REM-Schlafphasen zur Verfügung stehen. Mit fortschreitender Gewöhnung werden die REM-Schlafphasen jedoch länger bzw. dichter, sodass die kürzere Schlafdauer kompensiert werden kann.
Die Voraussetzungen für polyphasischen Schlaf
Neben dem Durchleben einer gewissen Umgewöhnungszeit ist es erforderlich, die neuen und an dem bevorzugten Schlafmodell orientierten Schlafenszeiten genau einzuhalten. Die Schlafenszeiten sollten auf keinen Fall über- bzw. unterschritten werden. Um einem Leistungsabfall vorzubeugen, sollte außerdem keines der vorgesehenen Schlafintervalle ausgelassen werden.
Diese Umstellung sowie das strikte Einhalten der festgelegten Schlafenszeiten ist insbesondere zu Beginn der Umstellung verwirrend. Zudem kann es schwierig sein, mehrfach täglich eine geeignete ruhige Schlafstätte zu finden und das mehrphasige Schlafen mit dem Berufe in Einklang zu bringen. Je strikter der „Schlafplan“ aber dennoch befolgt wird, desto schneller findet eine Gewöhnung an den neuen Schlafphasenzyklus statt.
Hat polyphasischer Schlaf Nebenwirkungen?
Obwohl einige der polyphasischen Schlafmodelle auf viele Menschen erst einmal abschreckend oder sogar „ungesund“ wirken, gibt es bisher keine Studien, die eine gesundheitsschädliche Wirkung belegen. Das gilt sogar für solche Schlafmuster, die die Gesamtschlafzeit auf nur 1,5 verkürzen. Außerdem geben Anhänger der polyphasischen „Schlaf-Philosophie“ an, auch nach jahrelangem polyphasischen Schlafen keine negativen Auswirkungen zu spüren.
Zu bedenken ist jedoch: Bei einigen polyphasischen Schlafmustern ist es erforderlich, etwa alle 4 oder 6 Stunden für einige Zeit zu schlafen. Um einen Leistungsabfall zu vermeiden, müssen diese Schlafenszeiten eingehalten werden. Es liegt auf der Hand, dass eine derart strenge Schlafroutine das Alltags- und Sozialleben stark einschränken kann.
Tipps zur Anwendung eines polyphasischen Schlafmusters
Ein polyphasisches Schlafmuster zu etablieren, gelingt nicht von einem Tag auf den anderen. Vielmehr geht die Schlafumstellung immer mit einer – oft schwierigen – Umgewöhnungsphase einher. Es gibt jedoch einige wertvolle Tipps, die beim Durchhalten und Etablieren eines polyphasischen Schlafmusters helfen:
- Wer sich an polyphasischen Schlaf gewöhnen möchte, durchlebt oft einige schlaflose Nächte. Um weniger unter den durchwachten Stunden zu leiden, ist es hilfreich, sich für diese Zeit eine sinnvolle Beschäftigung (etwa das Lernen einer neuen Sprache oder Ähnliches) zu suchen.
- Technische Hilfsmittel können die Umstellungsphase erleichtern. Insbesondere ein zuverlässiger Wecker hilft, die festgelegten Schlafphasen einzuhalten.
- Powernaps sollten keinesfalls überzogen werden. Schließlich gilt es, bei einem Powernap den Eintritt in die Tiefschlafphase zu vermeiden. Wer zu spät aufsteht, wird inmitten der Tiefschlafphase geweckt und fühlt sich nicht ausgeruht.
- Ein Traum- und Schlaftagebuch kann dabei helfen, das eigene Befinden, Einschlafdauer, Einschlafzeiten und erreichte Fortschritte zu dokumentieren.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Was ist polyphasischer Schlaf?
Polyphasischer Schlaf wird auch mehrphasiger Schlaf oder Intervallschlafen genannt. Gemeint ist damit ein besonderes Schlafmuster, bei welchem der Schlafbedarf nicht allein durch einen etwa 8-stündigen Nachtschlaf gedeckt wird. Stattdessen wird das Schlafbedürfnis durch mindestens drei Schlafeinheiten pro Tag gedeckt. Die Schlafverteilung auf mehrere Einheiten soll dabei die Produktivität steigern oder dabei helfen, mit weniger Schlaf auszukommen.
Welche Nebenwirkungen hat polyphasischer Schlaf?
Wer polyphasischen Schlaf praktiziert, deckt sein Schlafbedürfnis nicht durch einen 8-stündigen Nachtschlaf. Vielmehr wird das Schlafbedürfnis durch mehrere, über den Tag verteilte Schlafeinheiten gedeckt. Durch dieses Schlafverhalten ist es möglich, die Produktivität zu steigern und mit weniger Schlaf auszukommen. Einige Fans des polyphasischen Schlafens schaffen es so, mit weniger als 6 Stunden Schlaf pro Tag auszukommen. Obwohl der Umstieg auf solch außergewöhnliche Schlafmodelle selbstverständlich etwas Zeit erfordert und zu Anfang ungewohnt ist, gibt es dennoch keine Studien, die eine gesundheitsschädliche Wirkung oder sonstige Nebenwirkungen des polyphasischen Schlafens belegen könnten.
Quellen
Al-Abri MA, Al Lawati I, Zadjali F, Ganguly S: Sleep Patterns and Quality in Omani Adults; in: https://www.dovepress.com/sleep-patterns-and-quality-in-omani-adults-peer-reviewed-fulltext-article-NSS; Stand: 14.042020 (zuletzt abgerufen am 30.10.2021)
Lejuwaan, Jordan: Alternative Sleep Cycles: You Don’t Really Need 6-8 Hours!; in: https://highexistence.com/alternate-sleep-cycles/ (zuletzt abgerufen am 30.10.2021)
Zimmermann, Tim: Miles to Go Before I Sleep; in: https://www.outsideonline.com/health/training-performance/miles-go-i-sleep/; Stand: 01.04.2005 (zuletzt abgerufen am 30.10.2021)
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